Tarifabschluss. Bild: Gerd Scheffler zoom_in
Tarifabschluss. Bild: Gerd Scheffler

Tarifrunde 2018 – Einstieg in eine neue Arbeitszeitwelt

Die Tarifrunde 2018 war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Besonders an der Forderung nach Teilentgeltausgleich bei Arbeitszeitreduktion schienen die Gegensätze kaum überbrückbar. Im Ergebnis ist der Abschluss jedoch ein fairer Kompromiss. Besonders wichtig: Er gibt den Unternehmen neue Möglichkeiten, das Arbeitszeitvolumen zu erhöhen!

Am 6. März 2018 lief die Erklärungsfrist für das Verhandlungsergebnis zur Tarifrunde 2018 der Metall- und Elektroindustrie vom 9. Februar 2018 ab - die Vorbereitungs- und Umsetzungsphase läuft nun bereits geraume Zeit.

Neben dem aus vergangenen Tarifabschlüssen bekannten Umgang mit Pauschalzahlungen und der Tabellenerhöhung besteht Informationsbedarf vor allem hinsichtlich der neuen Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung, die in einem neuen Manteltarifvertrag mit dem 1. Januar 2019 in Kraft treten werden.

Die neuen Arbeitszeitregelungen ermöglichen beiden Seiten – Arbeitgebern und Beschäftigten –, das Arbeitszeitvolumen passgenau zu gestalten durch leichtere Zugangsmöglichkeiten zu den erweiterten Quoten von 25 % respektive 45 % sowie den Wechsel zu einer Durchschnittsbetrachtung der wöchentlichen Arbeitszeit statt der Quotenbetrachtung. Beschäftigte können durch die tarifliche verkürzte Vollzeit und den Wandel von Geld in Zeit befristete Arbeitszeitreduzierungen erreichen.

Für einen ersten Überblick über die neuen Tarifregelungen sorgten im März erste Informationsveranstaltungen im Industriehaus sowie bei einigen Mitgliedsfirmen gefolgt von einer Veranstaltung zur Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelungen im Juni.  Dies flankiert durch Muster und andere Hilfsmittel, wie z.B. einem Leitfaden, in dem das Zusammenspiel von gesetzlichen und tariflichen Teilzeitmöglichkeiten dargestellt wird.

Das Tarifergebnis im Einzelnen:

  • Laufzeit des Tarifvertrags: 27 Monate (1. Januar 2018 – 31. März 2020)
  • Erhöhung der Tabellenentgelte um 4,3 Prozent zum 1. April 2018
  • Einmalzahlung für den Monat März in Höhe von 100 Euro, Auszubildende 70 Euro (Auszahlung im März)
  • 2019 Einführung eines tariflichen Zusatzgeldes pro Jahr ("T-ZUG (A)") in Höhe von 27,5 Prozent eines Monatsentgelts, auszahlbar im Juli; ein weiterer Bestandteil, „T-ZUG (B)“, ist ein für alle Beschäftigten einheitlicher Betrag (in 2019: 400 Euro, ab 2020 dann 12,3 % der EG 05). Dieser T-ZUG (B) kann 2019 und auch in den Folgejahren in wirtschaftlich schwierigen Zeiten verschoben, reduziert oder ganz gestrichen werden
  • Beschäftigte mit erhöhten privaten und beruflichen Belastungen (Kinder bis 8 Jahre, häusliche Pflege von Angehörigen ersten Grades mit mindestens Pflegegrad 1, Schichtarbeiter ab bestimmter Dauer in Schichtarbeit sowie bestimmter Betriebszugehörigkeit) können statt des prozentualen Monatsentgelts des „T-ZUG (A)“ auch acht freie Tage wählen (für Eltern und Pflegende maximal zweimal pro Kind und/oder Pflegefall)
  • Ab 01.01.2019: Anspruch für alle Vollzeit-Beschäftigten auf befristete Teilzeit mit Rückkehrrecht in Vollzeit: begrenzt auf 6 bis 24 Monate und Absenkung auf bis zu 28 Wochenstunden; Ablehnung aus betrieblichen Gründen ist möglich (z.B. wenn die ausfallende Arbeitszeit nicht adäquat ersetzt werden kann, bei einer Überlastungsquote von zehn Prozent aller Beschäftigten in "verkürzter Vollzeit" bzw. 18 Prozent in Teilzeit insgesamt)
  • Beibehaltung der Quote von maximal 13 Prozent der tariflichen Beschäftigten, mit denen 40-Stunden-Verträge vereinbart werden dürfen
  • Möglichkeit einer Quotenanhebung auf 25 Prozent per Betriebsvereinbarung, wenn ein Fachkräfteengpass nachgewiesen werden kann
  • Möglichkeit einer Quotenanhebung auf 45 Prozent ("Strukturquote") per Betriebsvereinbarung, wenn im Betrieb mehr als 50 Prozent der Beschäftigten in der Entgeltgruppe 7 (bisher E 9) oder höher eingestuft oder AT-Mitarbeiter sind; Widerspruchsrecht des Betriebsrates für weitere 40-Stunden-Verträge bei allen drei Quoten, bei 13-Prozent-Quote allerdings erst, wenn diese um drei Prozentpunkte überschritten ist (sog. Gelbphase bis 16 Prozent).
  • Möglichkeit für die Betriebe, statt einer Quotenregelung auf ein Modell eines "kollektiven betrieblichen Arbeitszeitvolumens" zu wechseln; Festlegung dieses kollektiven Volumens auf durchschnittlich 35,7 Stunden pro Woche (ergibt sich aus 13 Prozent 40-Stündler und 87 Prozent 35-Stündler); Wechsel auch aus Quotenmodellen 25 & 45 Prozent möglich (kollektives Volumen dann 36,3 bzw. 37,3 Stunden); Effekt: Jeder Teilzeitbeschäftigte gibt Volumen nach oben frei für zusätzliche 40 Stündler; Widerspruchsrecht des Betriebsrats bei Überschreitung des kollektiven Volumens
  • Betriebe, die mit der heutigen Quotenwelt gut leben, können den Verbleib in der "alten Tarifwelt" erklären – ein späterer Wechsel in die neuen Regelungen bleibt möglich.
  • Möglichkeit für die Betriebe, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat, aus Zeitkonten bis zu 50 Stunden pro Jahr (zuschlagsfrei) per Auszahlung auszubuchen (entspricht rechnerisch pro Woche gut einer Stunde mehr Volumen)
  • Tarifliche Rahmenregelung für freiwillige Betriebsvereinbarungen zu "Mobiler Arbeit" außerhalb der Betriebsstätten
  • Ein zusätzlicher Freistellungstag für Auszubildende vor Prüfungen, bei gestreckten Prüfungen maximal zwei freie Tage
VOILA_REP_ID=C125821F:0023C47D